Dienstag, 19. November 2013

Was die Zivilisation und der Tierschutz gemeinsam haben.

Das brodelt gerade in mir.

Die Menschheitsgeschichte hat es immer wieder bewiesen: Vor Menschen, die einem "die Zivilisation" bringen wollen, sollte man sich hüten. Diese Menschen sind tödlich für die eigene Gesundheit oder das eigene soziale Gefüge.

Ob es die Indianer Amerikas waren, die Eingeborenen Afrikas, die Aborigines Australiens oder die Maori Neuseelands: Mit den Entdeckern kam "die Zivilisation" und diese brachte den sozialen und wirtschaftlichen Untergang dieser Völker. Sie wurden raffgierig getäuscht und massenweise gemordet. Ihre unzivilisierte Welt, das Land auf dem sie lebten wurde in Besitz genommen, verhökert und ausgebeutet bis aufs Blut. Selbst wenn man den Naturvölkern ihr Gebiet zurückgeben könnte, sie könnten dort ihrer Kultur entsprechend nicht mehr leben.

Jaja, ich hör sie schon, die Argumente, diese Völker hätten sich nur gegenseitig abgeschlachtet und in vielen Fällen sogar gegenseitig gefressen. Ob ich das wiederhaben wollte, etc bla bla!

Was das gegenseitige Fressen angeht: Das will ich natürlich nicht.

Was das gegenseitige Abschlachten angeht: Na jaaaa... der zivilisierte, westliche Mensch sieht das bekanntlich nicht so eng mit dem Abschlachten von Völkern. Da muss man nicht die Geschichte befragen. Dieser Wunsch, alles was nicht einheimisch ist auszurotten,  ist global in jeder Nation zu finden und die Methoden des Schlachtens sind nicht weniger quälend als früher. Im Gegenteil! Methoden die langsames Siechtum zur Folge haben, werden heute bevorzugt eingesetzt. "Die Zivilisation" machte es möglich.

Dabei hat es der Begriff "die Zivilisation" geschafft, so zu tun, als sei die Zivilisation "etwas Gutes". Etwas Positives, Erstrebenswertes, etwas das den Menschen voran bringt, ihm ein besseres Leben ermöglicht. Welch eine begriffliche Heuchelei.

Und was hat das jetzt mit Tierschutz zu tun?

Es gab Zeiten, da lebte ein Hund im Mittelmeerraum, in Ungarn, Polen, Rumänien, Bulgarien einfach so vor sich hin. In Familienverbänden, vielleicht auch einzeln, zogen sie durch die Natur, jagten, schliefen, zeugten Nachkommen und fraßen, was sie finden konnten. Sie wurden krank oder auch nicht und starben irgendwann an ihrer Krankheit oder am Alter, wurden vielleicht vom Rest des Rudels gefressen. Also der ganz normale Wahnsinn eines alltäglichen Hundelebens.  In den Städten wurden sie mit Sicherheit auch getötet, wenn sie zu viele wurden. Vielleicht wurden sie auch  von Menschen als Beute gejagt und gegessen. Das hat niemanden gestört, bis der Tourismus "die Deutschen" durch die Lande ziehen ließ.

Der Deutsche hat ein weiches Herz. Nicht, wenn es um Kinderprostitution geht! Oder um Kindesmissbrauch!  Nein, die jungen Mädchen und Kinder müssen nicht befürchten, dass jemand sie einpackt und sie rettet.  Diese Kinder dürfen auch elendiglich verrecken an Verzweiflung und an  Drogen kaputt gehen. Aber wir reden ja hier auch nicht von Prostitution und Kindesmissbrauch, wir reden von Tierschutz.

Denn da gibt es diese Hunde! Hunde im Ausland! Hunde die einen dort aus großen Augen anblicken! Hunde bei denen man die Hüftknochen und die Rippen sehen kann! Die müssen doch Hunger haben! Die hungern garantiert nur, damit man sie rettet  und mitnimmt. Die sind garantiert auch alle krank! Die brauchen unbedingt einen Tierarzt! Die sterben sonst! Das kann man doch nicht verantworten! Das kann man unmöglich so lassen! Und dann kriegen diese deutschen Touristen auch noch spitz, dass diese Länder Hunde einsammeln und töten, wenn sie zu viele werden. Welch ein Morden! Welch ein Skandal! (Da fällt mir gerade ein: Es wurden nie Stiere aus Spanien mitgenommen, nach Hause, nach Deutschland, ins Paradies... *grübel*)

Und nun gründete "der Deutsche" viele Vereine zum Schutz dieser Tiere. Im Laufe der Zeit wurden die Angebote, einen südländischen Hund zu retten, so viele, dass
  • man heute mit der Lieferung nicht mehr so immer nachkommt. Da kann auch schon mal ein Tier mitgenommen worden sein, dass gerade mal nur herrenlos aussah. Natürlich versehentlich.
  • man ein Geschäft draus machen konnte, wenn man in den "Skandalländern" einfach ein paar Tiere für die Rettungsgesellschaften züchten lässt. Denn am liebsten werden bekanntlich Welpen  gerettet, weil die so süß sind. Aber so viele Welpen gibt es nicht in den Skandalländern 
  • vermehrt gerettete süße Welpen zu groß geraten und man sie als "Problembärenhunde" wieder los werden will oder muss. Wegen Tierhaarallergien, Umzug, Babies oder unpassendem Hundecharakter.
  • vermehrt eingeführte Streuner ihr altes Streunerleben dem zivilisierten Leben in einer Familie vorziehen, abhauen und nicht wieder eingefangen werden können. Diese ehemals autark lebenden Streuner sind nämlich als Familienhunde nicht wirklich tauglich. 
 Aber das ignoriert der Tierschutz nach dem Motto: Hauptsache erstmal vermittelt!

Wer das ausbadet? In erster Linie unsere einheimischen Tierheime, die aus den Nähten platzen, weil sie meistens mehr aufnehme müssen, als sie abgeben können.

Aber was sind diese Probleme schon, verglichen mit den Tausenden von Bildern mit blutenden, gequälten Tieren, die "dem Deutschen" die Tränen in die Augen treiben, ihn nicht schlafen lassen und sein weiches Herz quälen.

Als Hund sollte man sich also hüten, einem deutschen Touristen mit großen Hundeaugen zu tief in die menschliche Seele zu gucken. Das könnte das weiche Herz aktivieren und das Ende für das eigene, sorgenfreie, aber sehr spannende Hundeleben bedeuten. Auch wenn es mal ruppig wird und der Kumpel einem das Mittagessen klaut.  Als Hund sollte man sich gut überlegen, ob man in einem Käfig zwischen kläffenden Artgenossen drauf warten will bis man dort krank wird und an Sehnsucht nach der Freiheit psychisch und körperlich zugrunde geht. Oder ob man lieber da, wo man ist - unter der Sonne Spaniens oder sonstwo - frei rumlaufen will mit dem Risiko, vielleicht doch viel zu früh einem Menschen ins Netz zu gehen, der einen tötet. Für einen Hund dürfte es wenig Unterschied machen, klapperdürr zu sterben, oder mit Herzverfettung vor einem vollen Napf. Für einen Hund dürfte es wenig Unterschied machen, von einem Kumpel totgebissen zu werden, oder bei uns an einem Giftköder zu sterben. Aber darüber denkt ein Tierschützer nicht nach, ein Tierschützer rettet bedrohtes Leben. Das ist sein Lebensinhalt.

Auch dem Tierschutz ist es gelungen, so zu tun, als sei er "was Gutes". Etwas Positives, Erstrebenswertes, etwas das einem Tier ein besseres Leben ermöglicht. Welch eine begriffliche Heuchelei auch hier!

Warum brodelt das nun in mir?
Weil mal wieder irgendwo ein Hund aus dem Ausland abgehauen ist, sich möglicherweise seiner wiedergewonnen Freiheit erfreut, nicht einzufangen ist, aber eingefangen werden muss/soll. Das ist nicht schlimm? Neinein! Der findet ja irgendwann irgendwo eine Hündin und macht süße Welpen. Das ist doch niedlich. Ich freue mich auf die Zeiten, wo an unseren Bahnhöfen und in unseren Innenstädten wilde Hunde die Mülltonnen leeren und kleinen Kindern die Süßigkeiten aus der Hand klauen. Das wird spaßig, niedlich und süß sein. 

Warum müssen die Zivilisation und der Tierschutz um jeden Preis das Leben von Mitgeschöpfen "verbessern"?
Wieso bilden sich zivilisierte Menschen immer ein, zu wissen, was für andere Menschen oder Tiere "das Beste" ist?
Warum kann man nicht manche Dinge einfach so lassen, wie sie sind?

Bitte? BamBam? Natürlich liebe ich BamBam. Ja, er ist ein Tierschutzhund. Natürlich würde ich immer einen Tierschutzhund nehmen. Aber noch lange nicht jeden und genauso lange nicht von jedem! Und derzeit auf gar keinen Fall einen Welpen. Das miese Geschäft mit Welpen würde ich niemals unterstützen. Und ein Hund der schon mal autark gelebt hat, käme mir nicht in meine zivilisierte Umgebung.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das stimmt schon was du sagst, ich wuerde auch keinen Welpen aus dem Ausland retten, klar tut er mir leid, aber solange die Nachfrage besteht solange werden die Armen Hunde gezuechtet damit unser Herz weich wird und wir mal wieder Retten wollen.

Mir warer lieber unser Herz wird weich um unsere Kinder zu retten die von Phaedophiles Online zur Prostitution gezwungen werden, da wuerde ich gerne Retten.

Ich liebe meine Hunde ueber alles, aber Menschenkinder noch mehr, ich wuenschte da wuerde so viel getan wie fuer Tiere.

Unknown hat gesagt…

Klasse. Darüber muss man wirklich nachdenken. Danke schön.

Unknown hat gesagt…

Gebe dir voll recht!!!

Carola Haze hat gesagt…

Solange unsere Tierheime vor Hunden überquellen, solange werde ich niemals einen Hund aus dem Ausland adoptieren. Meine Wahl würde auf jeden Fall auf einen Hund aus einem heimischen (in meinem Fall Deutschen (NRW)) Tierheim fallen.

Tolle Worte Frau Wirrkopf. Wunderbar geschrieben und absolut unterstreichbar!

schbeiderschwein hat gesagt…

Dass ich bei "lustig" auch ein Häkchen gesetzt habe, bezieht sich einfach auf die Art und Weise, wie dieser Blog geschrieben ist. Ich mag diese Art von Humor :D
Sicher ist Tierschutz eine gute Sache, wenn er überlegt und differenziert praktiziert wird und nicht auf Teufel komm raus. Man kann nicht jedes Tier retten von dem man meint, dass es ihm schlecht geht, aber das Warum ist ja schon sehr gut und ausreichend geschrieben worden.

schbeiderschwein hat gesagt…

Genau aus diesem Grunde habe ich mich auch an "unser" Tierheim gewandt. Nach vielen Gassis, Erfüllung sämtlicher Auflagen (so viele waren das nicht*gg*) und einer Woche Probewohnen haben wir "unseren" Hund dann endgültig adoptiert und zum Abschluß hatte ich neben dem Impfpass und dem Infoblatt für unseren Haustierarzt einen ungarischen Hundepass in den Händen.
Man muß nicht auf den ganzen Webseiten und bei den Orgas im Ausland rumsuchen, wenn man einem Auslandshund helfen will .... (Achtung Ironie). Der Hund ist jetzt bei uns, weil er super in unsere Familie paßt, wo er am Ende herkommt, spielt jetzt keine Rolle mehr ;)

Frau Wirrkopf hat gesagt…

Danke! :)
Nicht jeder kommt mit Ironie oder Satire klar. Ich mag auch Provokation, die sich in Grenzen hält. Nur Menschen, denen "der Schuh passt", ziehen ihn dann auch an. ;) für mich ist dann interessant zu sehen, wer das dann tut.

Frau Wirrkopf hat gesagt…

BamBams Vorgänger kam schon von der türkischen Orga, von der ich BamBam auch habe, aber der war damals ein deutscher Hund. Man kannte sich also schon. Wir haben einen Impfpass bekommen, eine Titerbestimmung für Tollwut und den Nachweis, dass die festgestellte Babesiose behandelt wurde. Von dort würde ich jederzeit wieder einen Hund nehmen. Da zahle ich auch gerne die Ablösesumme. Grundsätzlich habe ich nichts gegen Tierschutz. Aber er treibt manchmal sehr unschöne Blüten und es muss erlaubt sein, darauf hinzuweisen und zum Nachdenken anzuregen.