Sonntag, 12. November 2023

Schon 10 Tage ohne Hund ...

 


 ... und ich lebe immer noch!

Ich hatte ja die meiste Angst davor, dass mich sein Tod aller Energie berauben und ich nie wieder welche finden würde. Dass ich nur noch heulend zuhause sitze und auf meinen eigenen Tod warte. Aber das ist nicht passiert.

Ich vermute mehrere Gründe dafür:

Ich hatte die Entscheidung, ihn gehen zu lassen im Juli schon einmal getroffen. Die Zeit zwischen Krankenhaus und Rehaaufenthalt war stressig für uns beide. BamBam kam Anfang Juli mit schlimmem Durchfall aus der Huta nach Hause, ich vermute, er hat bei einem anderen Hund getreidehaltiges Futter geklaut und Getreide war das Schlimmste, was man ihm antun konnte. Er hat meterweise Darmschleimhaut geschissen und es hat bis Ende Juli gedauert, dass es wieder aufhörte. Das war Stress für uns beide. Der nächste Stress war abzusehen mit dem Aufenthalt auf der Pflegestell. Das alles wollte ich ihm ersparen. Aber die TA wollte für eine Euthanasie Befunde und Diagnosen und hat meine Bitte ihm den Stress zu ersparen abgelehnt. Zugegeben: Es hat ihm im August noch mal 3 tolle Wochen auf der Pflegestelle gebracht, denn der junge Hund dort hat ihm ausgesprochen gut getan. Aber danach hat es sein Leben nur um weitere 2 unwürdige Monate verlängert. Denn es ist für einen Hund würdelos, 24 Stunden am Tag mit dem Bauch in einer vollgepissten Windel zu liegen, weil er gar nicht mehr merkt dass es rausläuft. Das hätte er nicht gebraucht. Ich hab das auch nicht gebraucht. Aber wir mussten da durch. Aber ich lebte seit meinem Unfall im Juni mit der Entscheidung ihn gehen zu lassen. Mein Abschied hat 4 Monate gedauert. 

Sein Todestag, der 2.11. war schlimm und ich hab seit Jahren nicht mehr so geheult. Ich dachte, es zerreißt mit das Herz und die Seele. Aber am nächsten Tag dominierte schon die Erleichterung. Es war vorbei. Sein würdeloses Leben war vorbei, mein Stress, ihm möglichst alle nassen Windeln zu ersparen, oder ihm hinterherzuwischen,  war vorbei. Mein Stress, immer möglichst schnell, spätestens nach 2 Stunden, möglichst früher wieder nach Hause zu kommen, wenn ich mal weg musste, war auch vorbei.

Ich seh ihn immer noch unterm Tisch liegen, oder vor Balkon- und Schlafzimmertür. Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, wird mir bewusst: er ist nicht da! Jedes Mal, wenn ich Quark und Joghurt esse oder einen Schmutzteller in die Küche bringe, fehlt mir der Vorspüler. Bei jedem Einkauf wird mir klar, dass ich keinen Schafskäse, keine 3 Goudastücke, keine 4 Joghurts oder 4 Päckchen Quark für die nächste Woche brauche. Immer wieder muss ich mich daran erinnern, dass er nicht mehr da ist. Immer wieder ist da der Gedanke "du musst nach Hause", aber ich muss nicht mehr, er ist ja nicht mehr da.

Grundsätzlich haben mir seine letzten Lebenswochen mehr Energie geraubt, als jetzt das Leben ohne ihn. Es ist alle richtig. Es war an der Zeit ihn gehen zu lassen.

Und ich krieg den Arsch hoch ohne ihn.

Seit dem Unfall war in der Wohnung alles auf der falschen Seite: eben für Rechtshänder. Ich bin aber jetzt Linkshänder. Darum habe ich BamBams Bett schon aufgelöst und die Ablage von der rechten auf die linke Seite des Bettes geräumt. Seine Vorräte an Windeln, Futter, Leckerchen und alles Spielzeug - alles Geschenke mit denen er nie gespielt hat -  habe ich verteilt, an Leute die es haben wollten. Ein dicker Stoß Handtücher und Laken geht in den nächsten Tagen ins Tierheim Dellbrück. Der Bursche hatte so viel Zeug. Die Sitzbank ist leer, ein Regalboden mit seiner Wäsche ist leer. Das Flurschränkchen mit seinen Handtüchern für Schlechtwetter ist leer. Es gibt Platz. 

Aus seiner Kette habe ich jetzt eine für mich gemacht.



Nach vielen Monaten, fast Jahren, war ich diese Woche mal wieder im Diepeschrather Wald. Ich war nicht alleine. Alle Drei tobten um mich herum, liefen vorraus kamen zurück, schnüffelten sich durch den Wald und ich musste keinen abrufen, denn außer mir konnte niemand sie sehen. 

Es ist traurig, dass unsere tolle gemeinsame Zeit zu Ende ist. Denn wir waren ein Paket, es gab uns nur zusammen. Und wir haben viel zusammen erlebt. Sein Hundeleben war nicht langweilig. Es war vor allem sehr, sehr lang. Und ohne den anderen waren wir nur halb. Ja! Auch er war nur halb ohne mich. Auch wenn er das gut verstecken konnte. Aber er wollte nie wo anders sein. Die Beweise hat er mir auch geliefert. 

Ich habe Pläne, ohne ihn. Als erstes plane ich ein Wochenende in Bremerhaven. Wenn mich die Bahn hinfahren lässt, bevor sie streikt. 

Im Dezember werde ich mir eine Jahreskarte für den Kölner Zoo kaufen.

Ich habe das Deutschlandticket und werde damit mal ein bisschen NRW erkunden. Fahrten nach Köln, Aachen, Bonn kosten mich darüber hinaus nichts. 

Längerfristig möchte ich meine Wohnung renovieren. Nach 18 Jahren ohne Renovierung ist der Schmutz in den Ecken nicht mehr zu übersehen. 

Jedenfalls werde ich nicht zuhause sitzen und trauern. Ich bin traurig, dass er weg ist, aber es geht weiter. Es geht besser weiter als ich erwartet habe.

Einen neuen Hund wird es nicht geben. Egal ob klein, alt oder was auch immer: die Kosten sind die gleichen. Und die sprengen zunehmend meine finanziellen Möglichkeiten. Dazu die Tatsache, dass meine körperlichen Verschlechterungen nicht hundetauglich sind. 

Und der wichtigste Grund: einen Hund mit einem Charakter, wie BamBam ihn hatte, kriege ich nie wieder. Er war 15 Jahre der Sinn meines Lebens und ich bereue kein einziges davon.