Montag, 4. September 2023

Was hatte ich nur für ein Glück!


Bild von Hans auf Pixabay
 
Was hatte ich am 20.6.23 nur für ein Glück. Der Schutzengel schaute in dem Moment, in dem ich schrie, schnell noch mal zu mir hin und verhinderte den Tod, als ich mit dem Fahrrad stürzte.
Die gebrochene Schulter hat er nicht verhindern können. Schutzengel sind halt auch nicht mehr das, was sie mal waren. Er hätte auch den Stein, der mir den Lenker verrissen hat, noch schnell beiseite schießen können. Aber dazu hat er zu lange weg geguckt, vorher! Die totale Verblödung musste er auch nicht verhindern, ich hatte einen Helm auf dem Kopf. So hatte ich nur eine blutunterlaufene Visage, aber das Denkorgan funktioniert noch. Da hatte der Schutzengel Glück, denn ohne Helm hätte er die Arschkarte gehabt. Wem sind Schutzengel eigentlich Rechenschaft schuldig?

Aber der Schutzengel konnte es fügen, dass ein Ersthelfer neben einer HuTa wohnt und sich um meinen Hund kümmerte. Was für ein Segen. Was für ein Glück!

Damit ist des Glücks aber nicht genug. Die Untersuchungen im Krankenhaus ergaben, dass tatsächlich nur der Oberarm gebrochen war und die Gelenkkugel. Keine Blutungen im Kopf, keine inneren Verletzungen, keine weiteren Knochenbrüche - nur die Schulter. Ich konnte mein Glück gar nicht fassen.

Glücklicherweise hatte das Krankenhaus auch einen ausreichenden Vorrat an künstlichen Schultergelenken. Ich musste nur 2 Tage warten bis zum Einbau dieses Ersatzteils. Auch das sollte ich glücklich anerkennen.

Nein, ich hatte keine Schmerzen, nach der Schultergelenksmontage. Ich fühle mich privilegiert, denn andere hatten dieses Glück nicht!

Der normale Verlauf der Dinge nach Schulter-OP ist, dass man ca. 8 Wochen später sofort eine Reha-Maßnahme verordnet bekommt und ich hatte wiederum Glück: es wurde rechtzeitig ein Platz frei.

Drei Wochen Reha haben zwar nicht die geringste Verbesserung bei Beweglichkeit und Kraft gebracht, aber GLÜCKlicherweise wurde die Ursache dafür erkannt: verletzte Armnerven. Ich bin unsäglich froh, dass ich diese Diagnose habe und zudem noch einen kurzfristigen Termin beim Neurologen ergattern konnte: am 7.9. schon. So habe ich die Chance schon diese Woche zu erfahren, wie schimm der Schaden ist, und ob es heilen wird. Das Glück hat auch nicht jeder.

Seit ich zuhause bin, bin ich täglich glücklich und froh, dass ich keine Hilfsleistungen im Haushalt und bei der Körperpflege benötige, sondern alles alleine geregelt bekomme und immer noch autark leben kann. Meistens ohne die Leistungen des rechten Arms, aber der Linke ist ja zum Glück auch noch da. Und glücklicherweise geht irgendwie auch alles "ohne rechts". Ich glücklicher Mensch!

Immer wenn mich jemand fragt, wie es mir geht, werde ich daran erinnert, wie glücklich ich doch sein kann, dass es nicht schlimmer verlaufen ist. Dass ich ohne Hilfe weiterleben kann. Die Frage, wie ich das geregelt kriege, stellt sich dann gar nicht mehr. Der Fragesteller muss sich nicht kümmern, ich bin positiv drauf.

So habe ich auch noch das große Glück niemandem erklären zu müssen, warum ich trotzdem unglücklich bin. Weil dieser verdammte, fast unbrauchbare Arm meine Lebensqualtität verschlechtert. Weil ich 11 Wochen nach OP immer noch keine Kraft im Körper habe, obwohl mich der Hund alle 2 Stunden nach draußen treibt, und weil mir niemand sagen kann, warum das so ist. Weil der Wechsel innerhalb weniger Sekunden von kerngesund nach halbseitig behindert eine psychische Belastung ist, die einfach unglücklich macht.

Fazit: Life`s a piece of shit, wenn you look at it. Jedenfalls für die nächsten 12 Monate oder länger. Vielleicht hab ich aber auch Glück und es geht schneller!